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Hilfe kann weh tun

Wieso meinen eigentlich so viele andere – unter anderem Fremde, die mich überhaupt nicht kennen – Menschen wesentlich besser als ich selber zu wissen, was gut für MICH ist?

Wie bereits geschildert passe ich nicht in das Raster, in dem es sich die Masse so bequem einrichtet. Ich bin geistig zu beweglich für starre, steife, festgefahrene Das-macht-man-so-Strukturen. Es ist wie mit einem zu großen Stöpsel in einer zu kleinen Flasche: man bekommt ihn nicht rein. Sicher, man kann es mit Gewalt versuchen, aber selbst wenn man ihn mit Gewalt hineinbekommt: entweder die Flasche wird zerspringen, oder der Stöpsel zerbröselt, oder er schießt eben wieder raus. Drin bleiben und es sich bequem machen wird er mit Sicherheit nicht.

Und trotzdem versuchen es immer wieder irgendwelche Leutchen. Natürlich meinen sie es nur gut- mit sich selbst, aber Letzteres muß man ja nicht dazusagen.
Und so werde ich unter Androhung oder Anwendung von sogenannten Sanktionen immer wieder gezwungen, angebliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, die ich selber gar nicht will oder brauche. Die daraus besteht, zu versuchen, mich in dieses wesentlich zu enge Raster zu quetschen.

Ich habe Schuhgröße 43 (wolltet ihr sicher immer schon mal wissen, gelle?) Und selbst 43-er Schuhe passen mir nicht alle. Wo bitte liegt jetzt der Sinn darin, mir zu „helfen“ Schuhe der Größe 41 zu finden? Und mich dann zu zwingen, vor Dankbarkeit strahlend diese anzuziehen?
„Die passen mir nicht, ich habe Größe 43“
“43-er gibt es aber zur Zeit nicht. Stell dich nicht so an, zieh sie an. Irgendwie geht das schon. Nun mach!“
– versuche es – geht nicht. „Geht nicht, ich komme nicht rein“
“Das muß aber gehen. Wenn es so nicht geht, dann müssen wir eben etwas von Zehen oder Ferse abschneiden. Reinpassen tust du. So oder so.“

Also Zähne zusammengebissen und mit aller mir möglichen Anstrengung rein. Ja, es tut weh. Es tut tierisch weh. Aber Zehen oder Ferse abschneiden tut mindestens genau so weh. Und die Verstümmelung behalte ich lebenslänglich. Ihr habt gewonnen. Nur das dankbare Grinsen fällt ein wenig zu verzerrt aus.
Wirklich eine großartige Hilfe. Mehr darf ich nicht sagen, sonst kommt doch noch das Messer dran. Aber schreiben darf ich auch Anderes, hier in meinem blog.
Mit den viel zu engen Schuhen kann ich nicht mehr laufen, nicht einmal richtig gehen, nur noch mich irgendwie vorwärts schleppen. Wie die Fledermäuse in „meinem“ Mäusestaat.
Trotzdem habe ich auch beim vorwärts schleppen ständig Schmerzen.
Wenn ich es zu lange mache, werden sich meine Füße irgendwann total deformieren (ich weiß, das ist heutzutage „in“, aber diejenigen die es tun, tun es freiwillig. Ich stehe da nicht drauf.)
Und mit Sicherheit werde ich so schnell wie nur möglich versuchen, diese Schuhe los zu werden. Blöd nur, wenn man in einem riesigen Scherbenhaufen steht, dessen Ende nicht abzusehen ist. Zur Zeit wäge ich ab, welche Schmerzen schlimmer sind: die durch die viel zu engen Schuhe, oder jene beim Barfußlaufen über Scherben. Ich weiß es nicht.
Passende Schuhe gibt es nicht.
Weicher Boden kommt vielleicht irgendwann, ich weiß aber nicht wann und in welche Richtung ich dafür am Besten gehen sollte.

Gut, ich weiß, ich beherrsche auch das laterale Denken. Und besagt nicht ein bekannter Spruch: „Was nicht paßt, wird passend gemacht“?
Also brauche ich nur ein Messer oder einen ähnlichen scharfen Gegenstand, dann kann ich mir die Schuhe schon passend machen. Oh, sieh einer an: Wo stehe ich? In einem Scherbenhaufen? Und rein zufällig sind viele dieser Scherben spitz und scharf. Na, wer sagt’s denn? 🙂
Die gut meinenden Schuh-Reinzwinger werden mit Sicherheit nicht begeistert sein, aber das müssen sie auch nicht. Ich weiß, für sie bin ich undankbar, nichtsnutzig, zerstöre wertvolle Güter, mache mich der Sachbeschädigung strafbar (wen interessiert es schon, daß es nun meine Sachen sind?) und laufe dann wieder rum wie der „letzte Penner“ mit kaputten Schuhen. Sie haben es doch nur gut gemeint. Und sie werden niemals verstehen, daß es nur ein Akt des Selbstschutzes gepaart mit einer kleinen Dosis lateralen Denkens war, der mich zum Zerschneiden der wunderschönen, neuen aber viel zu engen Schuhe getrieben hat. Damit muß ich wohl leben. Sie können mir ja wieder ein neues Paar verpassen; Scherben liegen hier noch genug rum. Ja, ich bin undankbar und unverständig. Und stolz drauf.
Ratschläge sind auch Schläge.
Ich bin nicht da um die Erwartungen anderer Menschen zu erfüllen. Und sie sind nicht da, um meine Erwartungen zu erfüllen. Sollen sie auch nicht. Wenn sie es nicht können oder wollen, sollen sie mich einfach nur in Ruhe lassen.

Sicher kennt ihr das Märchen vom häßlichen jungen Entlein. Wie würde sich dieses Märchen anhören (oder anfühlen), wenn die anderen Entlein in der Jugendzeit, als dem Schwan seine schönen weißen Federn wuchsen, versucht hätten ihm diese immer wieder auszureißen, um ihn zu einer Ente zu machen. Jede weiße Feder die kommt wird herausgerissen, in der Hoffnung, die nächste wird eine Entenfeder. Er würde nie ein Schwan werden, das stimmt. Aber mit Sicherheit auch keine Ente. Er wäre ein Nichts, ein Nacktvogel ohne Identität und ohne Gleichartige. Er könnte nicht einmal herausfinden, was er hätte werden sollen. Nur Leid und Schmerz, hervorgerufen von gutmeinenden Anderen. Nein, so möchte ich das Märchen nicht hören.

So, das mußte dringend mal raus. Nach einer weiteren schlaflosen Nacht in der mein Kopf-Karussell dauerrotiert ist. Zwischen Depressionen, ohnmächtiger Wut und amoklaufenden Gedanken. Heute geht’s dann wieder zum Schuh-Anprobieren. Größe 41. Andere haben wir ja zur Zeit nicht.

Das Sytem (die Matrix)

Wie ja bereits in einem früheren post geschrieben, habe ich zur Zeit Zeit: viel Zeit. Und das in Zusammenhang mit einem sehr aktiven Gehirn bedeutet: viele Gedanken kommen und gehen, verweilen, lassen sich betrachten, drehen, von verschiedenen Seiten beleuchten, verschwimmen und werden wieder klar. Aufhalten lassen sie sich nicht.
Viel Zeit bedeutet auch viel Frei-Zeit. Im Sommer zieht’s mich immer raus. Zu Hause alleine am Computer sitzen fällt schwer. Also raus und ab in die Stadt: in der Fußgängerzone auf- und abbummeln, irgendwo auf nem netten Bänkchen rumsitzen oder in einem Straßencafe. Lesen, Leute beobachten und die Gedanken spielen lassen.

Was ich dabei sehe und beobachte, läuft immer wieder auf das Selbe hinaus: Hunderte – im Laufe eines Tages Tausende – Roboter die ihren Programmen folgen und Marionetten die sich an ihren unsichtbaren Seilen bewegen. Die Menschen, die ich sehe, sind zwar alle in Aussehen und Kleidung unterschiedlich und trotzdem sind sie irgendwie gleich – gleich geschaltet. Es ist wie eine Straße mit Reihenhäusern, die zwar unterschiedlich bemalte Fassaden haben, deren Beete im Vorgarten unterschiedlich bepflanzt sind und trotzdem ist bei genauerem Hinsehen die Bauweise gleich. Ja, selbst der Inhalt der Beete ist gleich, nur unterschiedlich angeordnet. Und falls man gelegentlich die Möglichkeit erhält in das eine oder andere Haus hinein zu sehen, stellt man mit Erschrecken fest, daß auch Einrichtung und Inventar überwiegend identisch sind. Verschiedene Farben, verschiedene Anordnung, aber gleicher Inhalt.
Ein weiterer Punkt, der mich dabei anspringt ist: Ich passe hier nicht rein, gehöre nicht dazu, bin erschreckend anders. Immer wieder frage ich mich: was ist mit diesen Menschen los? Was genau stimmt nicht mit ihnen?
Die Antwort ist so einfach wie klar: Mit den Menschen ist alles in bester Ordnung. Sie sind NORMAL,  genormt,  DIN-A-0815, an ein Raster angepaßt. An eine Matrix gewissermaßen.
Oh, wirklich schöne Überleitung. Die Matrix: der Film, der mich von allen Filmen, die ich in meinem bisherigen Leben gesehen habe, am meisten beeindruckt hat. Die Antwort auf meine Fragen nach dem Verhalten der Menschheit im Hier und Jetzt. Natürlich nicht im buchstäblichen Sinn. Die Menschen sind wohl kaum als etwas zu groß geratenen Batterien an ein System gekoppelt, das uns das Leben als Film vor dem geistigen Auge vorspielt. Auch haben wir nicht wirklich irgend welche Stecker im Körper. Nicht körperlich.
Vielmehr ist dieser Film eine großartige Metapher. Denn auf geistiger, mentaler Ebene ist es genau so, wie der Film es zeigt: sehe ich die Menschen hier in der Stadt, dann sehe ich im Grunde das Selbe wie in meiner ganz persönlichen Lieblingsszene.  Dem „training program“ mit der berühmten „woman in the red dress“. Hier noch mal zum Auffrischen:

Genau diese Szene beschreibt unsere heutige Realität, die Gesellschaft und das System in dem wir leben. Und wie in der Matrix gibt es Menschen, die frei sind. Sehr wenige nur, irgendwo im einstelligen Promille-Bereich. Mehr dürfen es auch nicht sein oder werden, sonst wäre das System in Gefahr. Gegen uns Wenige wehrt es sich nicht, wir sind keine wirkliche Bedrohung. Die Matrix muß nicht einmal „agents“ schicken die uns bekämpfen, denn sie weiß, daß wir gar keine Möglichkeit haben uns in gefährlichem Ausmaß zu vermehren. Wir können andere nicht „unplug“-gen. Nicht, wenn der Stecker fest genug sitzt. Und genau darauf richtet das System sein Hauptaugenmerk: den Stecker möglichst fest zu verankern, die Programme möglichst fest und unlöschbar zu installieren. Droht ein Unterprogramm auszufallen oder abzustürzen, springen zwei Unterprogramme an, um es aufzufangen und zu ersetzen. Dafür haben wir eine Schulpflicht. Mindestens 10 lange Jahre hat das System Zeit, jeden Menschen zu sozialisieren, zu erziehen, gegebenenfalls umzuerziehen. Im Klartext: Die Programme und Unterprogramme, Routinen und Subroutinen, Knöpfe und Schalter zu installieren, die einerseits für das reibungslose Funktionieren sorgen, andererseits quasi per Knopfdruck erwünschte Reaktionen auf bestimmte Reize hervorrufen. Das Senden dieser Reize übernehmen dann die Medien.
Dabei werden die Programmierer und Systemadministratoren von Jahr zu Jahr effektiver. Trotzdem fallen immer mal wieder einzelne Menschen durch das Raster. Es sind Menschen mit einem ausgeprägten (geistigen) Bewegungsdrang. Die meisten Menschen halten still. Und wer sich nicht bewegt, spürt die Ketten nicht, wie ein gutes Sprichwort besagt. Zu viel Bewegung verhindert ein zu festes Installieren der Programme und der Knöpfe. Sie werden zwar installiert, bleiben aber wackelig.
Durch wiederholtes Testen und Abfragen können die Programmierer und Systemadministratoren natürlich feststellen ob und wie fest Programme und Knöpfe sitzen. Am Ende der Programmierzeit, bei Verlasen der Fabrikhalle Schule bekommt dann jeder eine Gebrauchsanweisung und ein Zertifikat mit auf den weiteren Weg. Dieses Zertifikat Zeugnis bestimmt nun über den weiteren Einsatz und die künftige Position in der Gesellschaft. Je besser die Programmierung, desto näher darf man der Mitte der Gesellschaft kommen. Wackelkandidaten, also bewegliche Menschen mit losen Programmen bleiben am Rand.
Es bedarf keiner „agents“ um das System zu schützen. Das tun die gut programmierten Menschen schon selber. In dem sie alles was „anders“ ist und es sich anmerken läßt, ausgrenzen, ausstoßen, aus ihrer Gesellschaft ausschließen. Sie haben dafür extra Begriffe: verrückt, unnormal, asozial, am Rande der Gesellschaft, Randgruppen, Außenseiter. Die Methoden sind alt und bewährt. Auch das wird im Film „Matrix“ perfekt auf den Punkt gebracht: „ignorance is bliss“
Ignorieren, Wegsehen, Weghören. Den drei klugen Affen huldigen: nichts sehen, nichts hören, nichts sagen.

affen

Alternativ existiert eine weitere bewährte Methode: Bloßstellung. Der / die / das „Andere“ wird bloßgestellt, lächerlich gemacht, ausgelacht, durch den Kakao gezogen. Diese Methode wird bereits während der Programmierungsphase Schule von den Programmierern unzählige Male erfolgreich angewendet. Das Ergebnis: die Angst, selber bloßgestellt oder ausgelacht zu werden sorgt dafür, daß die Menschen nun selber anfangen, Abweichler und „Andere“ lächerlich zu machen und bloßzustellen. Die Rechnung geht auf: das System schützt sich selbst. Sind die entsprechenden Mechanismen erst erfolgreich installiert, funktionieren sie meistens zuverlässig für den Rest des Lebens.
Das System läßt auch Menschen wie mich leben: draußen, am Rand. Vordringen Richtung Mitte ist unter der Prämisse der Anpassung durchaus möglich. Wobei das System sehr genau zwischen echter und vorgetäuschter Anpassung zu unterscheiden weiß. Kunst ist nun einmal etwas völlig anderes als Malen nach Zahlen. Freie Bewegungen unterscheiden sich sehr stark von marionettenhaftem Reagieren auf das Ziehen von Fäden. Marionetten mögen es zwar nicht erkennen, aber sie sehen und fühlen den Unterschied, das „andere“.

Neulich nachts hatte ich mal wieder ein interessantes „Gespräch“. So etwas habe ich manchmal. Wenn ich mich gedanklich sehr intensiv mit etwas beschäftige, tauchen plötzlich Gedanken auf, die nicht meine sind. Wie ein Dialog eben. Ich denke meine Gedanken und erhalte Antwort. Verrückt? Genau, schrieb ich ja schon.
Der Tenor des Gesprächs war eigentlich eine Bestätigung des hier Geschriebenen. Mein Gesprächspartner erklärte mir, daß das System nicht mein Feind ist. Es läßt mich doch existieren, tut mir nichts, bekämpft mich nicht. Es versucht nicht einmal, mir Knöpfe und Programme zu re-installieren.
“Höre doch endlich auf, gegen das System anzukämpfen, du tust dir nur selber weh. Wenn du mit dem Kopf gegen eine Wand rennst, tut es eben weh. Die Wand bricht davon nicht ein. Findest du es klug, der Wand nun die Schuld zu geben, daß sie dir weh getan hat? Findest du es vernünftig, es beim nächsten Mal mit Helm zu versuchen? Wozu? Die Wand ist da. Sie ist nicht dein Feind. Sie ist einfach nur da, das ist alles. So ist es auch mit dem System. Akzeptiere es und es hört auf weh zu tun. Es ist, wie es ist. Es ist so, weil die Menschen es so wollen. Ja, es programmiert die Menschen, aber sie sind es doch selber, die die Programme entwickeln und perfektionieren.
Du bist zu beweglich, also bewege dich. Aber lasse die anderen Menschen drin in ihrem Raster. Sie selber wollen und brauchen das. Wenn du an den Knöpfen von jemandem wackelst, der diese Knöpfe will und braucht, wundere dich nicht, wenn er sich dagegen wehrt.
Bleibe du beweglich, aber wisse: der Raum für Bewegung ist am Rand und außerhalb. Innerhalb der Gesellschaft, innerhalb des Rasters ist kein Platz für Bewegung. Willst du rein, mußt du dich an das Raster anpassen um Platz zu finden. Willst du das nicht, bleibe draußen. So einfach ist das. Akzeptiere es und es wird die besser gehen – leichter fallen.“

Ja, ich habe es endlich begriffen. Und ich will mein möglichstes tun, meinen Frieden mit dem System zu schließen. Es stimmt, es ist nicht mein Feind. Es ist einfach da. Für andere „Wackelkandidaten“ habe ich dieses blog. Frei nach dem Motto: Ist der Schüler bereit, wird der Lehrer ihn finden. An festen Knöpfen zu wackeln ist Verschwendung und teilweise selbstverletzendes Verhalten. Es ist immer wieder ein unbeschreibliches Gefühl von Leichtigkeit und Wohlbefinden, wenn mir wieder mal ein paar Schuppen von den Augen gefallen sind. Wertvolle Erkenntnisse wollen geteilt werden: mit Allen, die daran interessiert sind.
Ich habe jetzt immer wieder vom „System“ geschrieben. Für alle, die sich fragen, was dieses System ist und die englisch können: hier eine Aufklärung von freedomainradio.com:

Und willst du nicht mein Bruder sein, ….

…dann schlag ich dir den Schädel ein.
Dieses Motto des Kommunismus erobert jetzt auch unsere viel-gerühmte Demokratie. Zwar mit anderem Wortlaut, aber dem selben Sinn: „Demokratie ohne Demokraten funktioniert nicht“. Na, so was. Und wenn nun einmal das Wählen angeblich und nach offiziellem Glauben eine Demokratie ausmacht, und die Leute nicht wählen wollen, dann muß man sie eben zwingen. Also, immer her mit der Wahlpflicht. Ein weiteres, wunderbares Oxymoron. Die Pflicht, etwa zu wählen – der Zwang, ein Recht in Anspruch zu nehmen. Eine weitere äußerst seltsame Blüte der Schein-Demokratie. Aber passend zu dem Dreifach-Oxymoron „sozialer Rechts-Staat“.
Als eigentlicher Fan von Oxymora liebte ich schon als Kind das weit bekannte Gedicht(dessen etwas aufwändigere Version ich jetzt unbedingt mal los werden möchte):

Dunkel war’s, der Mond schien helle,
schneebedeckt die grüne Flur,
lautlos brüllte die Natur,
als ein Wagen blitzeschnelle
langsam um die runde Ecke fuhr.
Drinnen saßen stehend Leute,
schweigend ins Gespräch vertieft,
als ein totgeschossener Hase
auf der Sandbank Schlittschuh lief.
Und der Wagen fuhr im Trabe,
rückwärts einen Berg hinauf.
Droben zog ein alter Rabe,
gerade eine Turmuhr auf.
Ringsherum herrscht tiefes Schweigen
und mit fürchterlichem Krach
spielen in des Grases Zweigen
zwei Kamele lautlos Schach.
Und auf einer roten Bank,
die blau angestrichen war,
saß ein blondgelockter Knabe
mit kohlrabenschwarzem Haar.
Neben ihm ’ne alte Schachtel,
zählte kaum erst sechzehn Jahr,
kaute eine Buttersemmel,
die mit Schmalz bestrichen war.
Droben auf dem Apfelbaume,
der sehr süße Birnen trug,
hing des Frühlings letzte Pflaume,
und an Nüssen noch genug.
Von der regennassen Strasse
wirbelte der Staub empor.
Und ein Junge bei der Hitze
mächtig an den Ohren fror.
Beide Hände in den Taschen.
hielt er sich die Augen zu.
Denn er konnte nicht ertragen,
wie nach Veilchen roch die Kuh.
Dieses dichtete der Goethe
als er eines Morgens späte
schlafend auf dem Nachttopf saß
und den Münchner Merkur las.

Als er laut denkend herausfand,
wie er seiner Wahlpflicht gar
im sozialen Rechtsstaat Deutschland
nachkommen konnte. Und zwar
durch das Ankreuzen mit roten
Blümchen in hellblauer Schrift
deren Tinte – trotz Verboten –
grün herausschießt aus dem Stift.

Danke, Herr Thießen, für die Inspiration der Fortführung dieses wunderbaren Gedichtes.

Schalten wir doch mal kurz wieder unser Gehirn ein und überlegen, wie sich eine Wahlpflicht durchsetze ließe. Die Antwort ist eigentlich klar: Gar nicht. Alles was sich durchsetzen ließe, wäre eine Pflicht, sich in eine Anwesenheits-Liste bei den Wahllokalen einzutragen. Soll die Wahl weiter geheim und frei bleiben, wird nichts und niemand kontrollieren können, ob jemand wirklich ein Kreuzchen auf den Zettel macht, oder gar mehrere Kreuzchen, oder ein paar schöne Bildchen malt.
Nein, nicht einmal eine Pflicht, sich in eine Anwesenheits-Liste bei den Wahllokalen einzutragen könnte man durchsetzen, denn es gibt ja noch Krankheiten, oder Ortsabwesenheiten aus wichtigem Grund, die den Gang zur Urne verhindern können. Klar, dafür gibt es die Möglichkeit der Briefwahl. Aber kann man vorher ahnen, daß man just am Wahltag von schrecklicher Übelkeit und Magenkrämpfen gebeutelt wird? Konsequenterweise müßte man dann noch eine Möglichkeit der Briefwahl NACH der Wahl einführen. Und wie lange setzen wir die Frist dafür? Könnte ja jemand gerade für längere Zeit verreist sein. Ach so, wir leben ja in einer Demokratie, also liegt die Lösung ganz nahe: Verbote von Reisen jeglicher Art, Ortsabwesenheit und auch von Krankheiten am Wahltag. Die angestrebte Wahlpflicht hat über jedem individuellen und persönlichen Recht des Einzelnen zu stehen. Und auch über jeder höheren Gewalt. Schließlich heißt es nicht umsonst: „Ich bin die Demokratie, dein Gott. Du sollst keine anderen Rechte haben neben mir.“

Übrigens, Herr Thießen: als braver und gut dressierter Bürger bin ich meiner (noch nicht vorhandenen) Wahlpflicht bisher immer nachgekommen. Will heißen, ich habe schon immer etwas auf die schönen Zettel, die mir zugeschickt wurden, gezeichnet. Mal einfarbig, mal bunt – mal mehr und mal weniger kreativ, immer ganz nach Lust und Laune am jeweiligen Tag. Werde ich auch weiterhin so handhaben.
Das Lustige dabei ist, daß ich mich dabei in einer Art Niemandsland bewege. Jemand, der seinen Wahlzettel ungültig macht, wird bei der Wahlbeteiligung als Beteiligter gezählt, trotzdem wird seine Stimme nicht mitgezählt. Warum soll ich meine Stimme denn auch abgeben? Ich brauche sie noch und ich benutze sie selber.
Vor diesem Hintergrund noch eine kleine Anmerkung: Die katastrophale Wahlbeteiligung von nur 43,3 % ist noch ein kleines bißchen kleiner. Bei diesen 43,3% sind nämlich 2,2 % ungültige Stimmen dabei, also ist die effektive Wahlbeteiligung gerade mal 41,1%. An dieser Stelle herzlichen Dank an eifrei, die auch die ungültigen Stimmen aufgelistet haben.

Leute, behaltet eure Stimmen, ihr braucht sie vielleicht auch noch mal. Wer seine Stimme abgibt, braucht sich nicht wundern, daß er anschließend nichts mehr zu sagen hat. Hach, ich liebe Wortspiele – fast so sehr wie Oxymora.

Beliebtheitswettbewerbe

Sie sind ja zur Zeit sehr in Mode, diese Beliebtheitswettbewerbe. Superstars, Supertalente, Supernudeln Topmodels, Superschauspieler, Supermagier und was weiß ich noch alles. Die Sendungen schießen wie Pilze aus dem TV-Boden und sie kommen offenbar unheimlich gut an beim Publikum. Ich vermute, es ist die Interaktivität dieser Sendungen, die sie so beliebt machen. Der Zuschauer ist dabei nicht mehr nur Zuschauer, sondern auch Schiedsrichter. Michel darf mitbestimmen, wer gewinnt.  Er wird nach seiner Meinung gefragt, darf  per Anruf wählen wer gewinnen soll – oder zumindest glaubt er das. Der ansonsten fast völlig entmündigte Bürger hat hier endlich mal die Chance wenigstens das Gefühl zu haben, es liege an ihm und an seiner Stimme zu entscheiden, wer gewinnt. Ist es nicht toll Macht zu haben, etwas zu sagen zu haben, mitbestimmen zu dürfen. Selbst bei den Sendungen in denen nur eine Jury den Sieger bestimmt, kann Michel sich einbringen:
Ist sein Urteil richtig, tut das dem Selbstwertgefühl unglaublich gut.
Ist das eigene Urteil falsch, kann man sich stundenlang über die Dummheit und Inkompetenz der Jury auslassen. Man selber würde es sicher wesentlich besser machen.

Rufen wir uns jetzt mal die Hauptaufgaben der Medien kurz wieder in Erinnerung:
1. Das Prinzip der Ruhigstellung des Volkes durch „Brot und Spiele“ zu gewährleisten, in dem sie den Faktor Spiele abdecken.
2. Das Aktivieren unserer indoktrinierten Programme durch Drücken der entsprechenden Knöpfe.

Was hier in den ganzen Super-Sendungen stattfindet, ist nichts anderes als ein Trainingsprogramm für den entmündigten Bürger, der in den letzten Jahren immer mehr beschlossen hat sich auch entsprechend zu verhalten und seine Stimme nicht mehr abzugeben, wenn er dazu aufgefordert wird. Wir werden für die richtig wichtigen Beliebtheitswettbewerbe trainiert, die dieses Jahr wieder auf uns zukommen. Der erste gleich am Samstag: der „Eurovision Clown Contest“. Zwar nicht durch Anrufen einer teuren Telefonnummer sondern durch Malen eines Kreuzchens auf einen Stimmzettel. Bleibt nur zu hoffen, daß Michel mittlerweile durch unzählige Wahlen per Anruf (wer kommt weiter in die nächste Sendung? Wer muß zur Dschungel-Prüfung? Wer fliegt raus und muß das Haus verlassen?) endlich kapiert hat, daß es auf seine Stimme ankommt. Er kann wirklich etwas entscheiden, hat wirklich etwas zu sagen, kann mitbestimmen. Wenn er das nur endlich, endlich begriffen hätte.

Im September dann der nächste richtig wichtige Beliebtheitswettbewerb: „Deutschland sucht die Supermelker“. Da dürfen und sollen wir dann selbst bestimmen, wer uns die nächsten vier Jahre kontrollieren, gängeln, bevormunden, bedrohen und bestehlen darf. Auch hier, bitte nicht vergessen: Deine Stimme zählt wirklich, du hast etwas zu sagen. Du darfst selber entscheiden zwischen Teufel, Satan und Beelzebub. Auch dafür wurdest du die letzten Jahre ununterbrochen trainiert in interaktiven TV-Spielen.

Unser TV hat alles getan, um die in der Schulzeit eingepflanzten Knöpfe zu drücken und die entsprechenden Programme zu starten. Falls irgendwer jetzt immer noch Zweifel hat, bitte mit mir gemeinsam repetieren:
. Die Demokratie ist die einzige legitime, gute und menschliche Regierungsform.
. Wir müssen froh sein, in einer Demokratie zu leben, in der alle Macht von uns, dem Volke ausgeht.
. Wer nicht wählt, vertut seine Chance, mitzubestimmen, wie es mit uns, unserem Leben und unseren Mitmenschen weitergeht.
. Wer nicht wählt, gibt seine Stimme automatisch denen, die er am wenigsten wählen würde (denn wer nicht für mich ist, ist gegen mich. Und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut)
. Als mündiger Bürger ist man verpflichtet ein Kreuzchen auf einem Zettel zu zeichnen, durch das man beweist, daß man in der Lage ist bei klarem Bewußtsein Kreuzchen zu zeichnen.
Das dahinter stehende Prinzip erklärt am Besten der „architect“ in Matrix reloaded:

As I was saying, she stumbled upon a solution whereby nearly 99.9% of all test subjects accepted the program, as long as they were given a choice, even if they were only aware of the choice at a near unconscious level.

Da es schon etwas länger her ist, möchte ich noch mal mein persönliches politisches Lieblingszitat hier anbringen, nur für den Fall, daß der eine oder andere es schon vergessen haben sollte. Es schildert so schön die Einstellung unserer Politiker.
Franz Müntefering (SPD): „Wir werden als Koalition an dem gemessen, was in Wahlkämpfen gesagt worden ist. Das ist unfair!“ Schließlich habe es zwischendurch die Bundestagswahl gegeben …
Ist es nicht goldig? Aber auch ohne diese herzallerliebste Einstellung gibt es vieles was man bedenken sollte, bevor man seine Stimme abgibt. Was tun wir eigentlich wirklich wenn wir wählen?

Wir bestimmen jemanden, der für uns sprechen soll.
Wir bestimmen jemanden, der in unserem Namen Entscheidungen treffen soll: über uns selbst sowie über unsere Mitmenschen, Nachbarn, Kollegen, Freunde und Feinde. Entscheidungen darüber
1. wieviel Geld uns und unseren Mitmenschen zukünftig gestohlen werden soll.
2. was mit dem von uns gestohlenen Geld passieren soll und wofür es verwendet wird.
3. welchen Menschen mehr und welchen Menschen weniger Geld gestohlen werden soll.
4. welche Menschen mehr und welche weniger des gestohlenen Geldes erhalten sollen.
5. Wann, wie und wofür sie das erhaltene Geld einsetzen sollen.
6. Wieviel des von uns gestohlenen Geldes uns in welcher Form zurückgegeben werden soll.
7. was wir tun, sagen, schreiben, denken und glauben sollen.
8. was wir nicht tun, sagen, schreiben, denken und glauben dürfen.
9. wie wir mit unserem Leben, unserer Gesundheit, unserer Freiheit und unserem Eigentum umzugehen haben.
10. wann und in welchem Maße wir von wem überwacht und kontrolliert werden sollen.

Viele können sich sicher noch erinnern wie es in der Kindheit und Jugendzeit war, als man sich nichts sehnlicher wünschte als endlich erwachsen zu werden, um nicht mehr bevormundet zu werden und seine Entscheidungen selber treffen zu können. „Tu dies nicht“, „tu das nicht“, „wie sagt man da?“, „zieh dir Socken an, du erkältest dich“, „komm sofort da runter, du fällst sonst“, „jetzt ab ins Bett und keine Widerrede“, „spätestens um 22:00 bist du zu Hause“, „die Typen sind kein Umgang für dich“, „sei nicht so frech“, „gegessen wird, was auf den Tisch kommt“, „solange du deine Füße unter meinen Tisch…“, etc.
Dann irgendwann: endlich erwachsen, jetzt kann ich selber entscheiden. Keine Zwänge, keine Bevormundung mehr, essen, wenn man Hunger hat; schlafen, wenn man müde ist; anziehen, was man möchte; selber entscheiden, ob man friert oder nicht, wohin man geht, wann man kommt, mit wem man Umgang pflegt.
Aber leider haben sich die Meisten inzwischen so daran gewöhnt bevormundet und gegängelt zu werden, daß sie die Selbstständigkeit und Eigenverantwortung völlig verlernt haben. Sicher, es macht Spaß selber über sich zu entscheiden. Aber dann auch die Konsequenzen dafür selber zu tragen? Das ist dann doch etwas völlig anderes. Und selbst wenn man durchaus verantwortungsbewußt ist und selber für sich entscheiden kann – da sind ja noch die Anderen. Und die können es sicher nicht. Das ist das Hauptdilemma an der ganzen, verfahrenen Situation: Jeder meint, durchaus für sich selber entscheiden zu können, gesteht diese Fähigkeit und dieses Recht aber den Anderen nicht zu. Die Anderen die brauchen jemanden, der ihnen zeigt wo ihre Grenzen sind. Die Anderen müssen von jemandem regiert werden. Die sind zu dumm zu wissen, was gut für sie ist. Ich wüßte es ja, aber auf mich hören sie ja nicht. Also wähle ich jemanden, der Macht hat und diese – falls nötig – auch mit Gewalt durchsetzen kann, der den Anderen sagt, was sie tun und lassen sollen. Dabei übersehen wir leider oft, daß diese(r) Machthaber nicht nur für und über die Anderen, sondern auch für und über uns entscheiden wird, und auch gegen uns seine Entscheidungen – falls nötig – mit Gewalt durchsetzen wird.
Wenn wir nur ein wenig wirklich objektiv nachdenken: gibt es wirklich irgend jemanden außer uns selbst, der UNSERE Interessen vertritt? Spielen wir doch mal zwei Beispiele in Gedanken durch:

Wir fahren mit dem Auto auf der Autobahn Richtung Süden. Irgendwo unterwegs steht ein Tramp an der Straße, der gerne mitgenommen werden will. Weil wir nett sind, nehmen wir ihn mit. Nachdem wir feststellen, daß unser Tramp auch nach Süden will, sollten wir ihm gleich die Schlüssen übergeben, ihn fahren lassen und es uns hinten auf dem Rücksitz bequem machen. Wir haben schließlich beide das selbe Ziel, oder? Süden halt. Also vertrauen wir doch darauf, daß unser Tramp uns mit Sicherheit zu unserem eigenen Ziel fahren wird, um dann auszusteigen und eine andere Mitfahrgelegenheit zu seinem Ziel zu suchen. Ist doch logisch, oder?

Wir müssen noch einige Einkäufe tätigen und eilen durch die Fußgängerzone. Ein Bettler am Straßenrand erscheint uns recht sympathisch. Wieso geben wir ihm nicht einfach 50 €, sagen ihm kurz, was wir brauchen oder geben ihm unseren Einkaufszettel mit, setzen uns dann ins Straßencafe, genießen einen Kaffee und warten, bis unser Bettler mit den Einkäufen wiederkommt? Mit Sicherheit wird er uns auch noch unser Restgeld fein säuberlich auszahlen und sich anschließend tierisch freuen, wenn wir ihm 1 € in seine Mütze werfen.

Wenn uns bei diesen Beispielen nun zum Lachen zu Mute ist, wieso um Alles in der Welt vertrauen wir denn dann darauf, daß irgendein wildfremder Mensch, nur weil er Politiker ist, UNSERE Interessen vertreten wird? Ist dieses Vertrauen durch irgend etwas gerechtfertigter als das in den Tramp oder den Bettler? Durch seine Kleidung, seine Frisur, sein Lächeln oder wodurch?

Hier nun noch ein nettes Video von Stef Molyneux zum Thema Wahlen, in dem er die Sache aus seiner Sicht herrlich auf den Punkt bringt. Viel Spaß damit.

Übrigens Nicht-Wählen ist keine Lösung. An einer geringen Wahlbeteiligung ist aus Prinzip das Wetter schuld. Egal, ob es zu schön oder zu schlecht ist. Nein Leute, macht bitte euer Kreuzchen, aber macht es richtig:
Entweder ganz groß über den ganzen Wahlzettel, oder aber viele kleine Kreuzchen, in jeden der schönen Kreise eines. Damit zeigt ihr erst richtig, wie gut ihr bei klarem Bewußtsein Kreuzchen zeichnen könnt. Vor Allem zeigt es, daß es nicht mangelndes Interesse oder das Wetter ist, sondern eine bewußte Entscheidung. Einer alternativen Ausschmückung des Ganzen mittels netter Textchen, Blümchen, Bienchen und Sonstigem steht nichts im Wege. Laßt eurer Kreativität freien Lauf.

Klimawandel

Irgendwie habe ich zur Zeit immer stärker das Gefühl, daß unsere Welt sich in einem Klimawandel befindet. In einem recht bedeutenden, der uns alle noch ganz schön einheizen könnte.

Wie, das ist nichts Neues? Oh, ‚tschuldigung.

Nein, ich meine nicht die allseits bestens bekannte Klima-Hysterie, ich meine einen politischen Klimawandel. Unsere Welt bewegt sich gerade ruckweise ein gutes Stück nach links. Während die USA mehr und mehr zu einem ‚normalen‘ Kontrolletti- und Umverteilungsstaat á la BRD wird, bewegt die BRD sich ein gutes Stück weiter nach links Richtung ehemalige DDR. Das selbe geschieht zur Zeit mit den meisten europäischen Ländern. Sie arbeiten alle gerade kräftig daran, dem zerfallenen Ostblock nachzueifern und ihn zu ersetzen. Und auch der große Bruder UdSSR bekommt einen würdigen Nachfolger: Die EU. Wie die ehemalige UdSSR will und wird die EU zukünftig ihre Mitgliedsländer kontrollieren und ihnen sagen, wo es lang geht. Genau so diktatorisch, bürokratisch und absolut.
Diese Entwicklung zu beobachten, ist irgendwie sehr interessant. Offenbar ist durch den Zerfall der UdSSR und des Ostblocks ein Vakuum entstanden, das jetzt dringend gefüllt werden muß. Daran wird kräftig gearbeitet.
Das daraus resultierende neue Vakuum des europäischen Westens wird dann von den USA ausgefüllt, die bereits auf dem Weg in die hier entstehende Lücke sind.
Als nächstes tauchte bei mir die Frage auf, wo jetzt der „rechte“, also konservative, traditionsbehaftete Bereich der Politik bleibt. Beschränke ich mit bei dessen Definition auf die Ausprägung (Traditionen, Werte, Glaube, Kultur, Hierarchie) und nicht auf die Ausrichtung (christlich, europäisch, etc.), kann ich allerdings feststellen, daß dieser Bereich durchaus schon lange abgedeckt ist, nämlich durch die islamischen / islamistischen Länder. So scheint mir, daß durch die Ausbreitung des Islam (der ja nicht nur Glaube sondern auch vor Allem Politik ist) ein Zuviel an rechts bei gleichzeitigem Verschwinden von viel ausgleichendem links entstand.

Da ist es also nicht, wo ein neues Vakuum entsteht.
Wo dann? Genau: in dem, was die USA hinterläßt. Dem liberalen / libertären Sektor. Dem Bereich der Freiheit. Zunächst ist das für Menschen wie mich natürlich sehr traurig. Andererseits habe ich trotzdem große Hoffnung. Denn wenn hier ein Vakuum entsteht, wird es auch wieder von etwas gefüllt werden. Vermutlich schon sehr bald.

Denn meiner Meinung nach läßt die politische Gesamtheit kein Vakuum zu. Ein Bereich, der irgendwo verschwindet, wir an anderer Stelle wieder auftauchen, da bin ich ganz sicher. Wird durch diesen Linksruck der Boden für „Ancapistan“ oder „Libertopia“ bereitet? Sehr interessante Ansätze dafür gibt es schon.
Aber vielleicht geschieht es ja auch auf ganz andere Weise.

Die Michelsuppe

Warum ist Freiheit eigentlich so schwer zu verstehen?

Wenn jeder seine eigene Suppe würzen darf wie er will, ist das wunderbar und jeder möchte gerne diese Freiheit haben. Gleichzeitig kommt aber die große (und irrationale) Angst auf, jeder könnte plötzlich auch die Suppe des anderen würzen. Das gehört natürlich verboten! Woher kommt diese Angst? Aus dem Nichtverstehen von Freiheit.
„Freiheit ist immer auch die Freiheit des anderen“.
Durch jahrzehntelange Indoktrinierung hat Michel völlig verlernt, was Individualität bedeutet und daß er selber ein Individuum ist. Dafür hat er gelernt, sich nur noch als Teil der Gesellschaft zu verstehen.
Die fatale Folge davon ist ein völlig verzerrtes Bild von der Freiheit, welches sich leider immer wieder subjektiv bewahrheitet. Dazu eine kleine Geschichte:

Die Michelsuppe

Da ist ein großer Topf Suppe für die Gesellschaft. Unsere Gesellschaft besteht in diesem Fall mal aus 10 kleinen Micheln. Während mit den Hauptzutaten der Suppe alle größtenteils einverstanden sind, gehen die Geschmäcker die Gewürze betreffend doch gravierend auseinander.

Nun ist es natürlich am naheliegendsten, die Suppe größtenteils ungewürzt zu lassen, damit jeder sich seinen Teil in seinem eigenen Teller würzen kann.
Genau dieser naheliegende Gedanke ist den Micheln aber im großen Kochkurs aberzogen worden. Einfach durch Nicht-Erwähnen, auch Ignoranz genannt. Und da Michel dazu neigt nur zu lernen, was der große Koch ihm beibringt, kommt er auch nicht selber auf solche Gedanken. Wären solche Gedanken richtig oder gut, hätte der große Koch sie ihm ja beigebracht, oder?
Was also machen unsere Michel nun?
Anstatt sich jeder einen Teller von der Suppe herauszuschöpfen, taucht jeder von ihnen seinen Löffel in den Topf, probiert, und stellt fest daß etwas fehlt oder etwa zu viel ist.

Michel 1 stellt fest daß etwas Salz fehlt und salzt nach.
Michel 2 stellt fest daß sie nicht scharf genug ist und pfeffert kräftig.
Michel 3 stellt fest daß sie zu salzig aber nicht scharf genug schmeckt, verdünnt sie also mit weiterem Wasser und pfeffert nochmal kräftig.
So gibt erst einmal jeder Michel seinen Beitrag in den Topf. Dann geht das Probieren von Neuem los und erstaunt stellt jeder Michel fest, daß die Suppe ja jetzt wieder – oder immer noch – völlig anders schmeckt, als er sie gewürzt hat. Also wird wieder jeder Michel seinen Beitrag zu dem Topf leisten.
So kann das jetzt noch stundenlang weiter gehen und immer wird einer der Michel etwas zu verdünnen oder nachzuwürzen finden. Irgendwann ist die Suppe vermutlich kalt und völlig ungenießbar, während die Michel immer noch mit knurrenden Mägen daran rumwürzen oder entwürzen.

Spulen wir doch mal wieder zum Anfang. Der Topf Suppe bleibt, aber einen der 10 kleinen Michel ersetzen wir durch einen .. hmmm, nennen wir ihn mal Milton. Wir haben also 9 kleine Michel, einen kleinen Milton und einen großen Topf Suppe.
Der einzige Unterschied besteht darin, daß Milton zwar auch den großen Kochkurs belegt hat, dabei aber nicht verlernt hat, selber zu denken.
Vermutlich wird Milton sich einen Teller aus dem großen Topf abschöpfen, ihn seinem Geschmack entsprechend würzen und genüßlich aufessen, während er den Micheln beim Verderben des Topfes zusieht.
Nun ist Milton der Einzige, der satt geworden ist und auch noch behauptet, die Suppe habe ihm sehr gut geschmeckt.
Die Michel, die irgendwann entnervt und verzweifelt nach massenhaften gegenseitigen Schuldzuweisungen die verdorbene Suppe weggeschüttet haben, werden ihm vermutlich nicht glauben können. Sie haben doch alle 9 festgestellt, daß die Suppe ungenießbar war. Sie sind frustriert und hungrig, und wenn sie etwas jetzt am wenigsten brauchen können, ist das ein satter und zufriedener Zeitgenosse, der ihnen noch dazu erklärt, was sie falsch gemacht haben. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf.

Bei der nächsten Suppe werden sie vermutlich versuchen, Milton daran zu hindern sich seinen Teller aus dem Topf zu holen, solange die Suppe nicht von allen kollektiv fertig gewürzt wurde. Nur um recht zu behalten und nicht an ihrer eigenen Vernunft zweifeln zu müssen.
Zuerst durch Überzeugungsarbeit mit Argumenten wie ‚Wir alle essen von der Suppe, also müssen wir sie auch gemeinsam würzen‘.
Sollte das nicht fruchten, folgt Stufe 2: ‚Du kannst die Gewürze jetzt nicht haben, um deinen Teller zu würzen. Die braucht die Gemeinschaft für den großen Topf!‘
Und wenn das auch nicht hilft, können 9 Michel einen einzelnen Milton immer noch mit Gewalt daran hindern, seinen Teller vorzeitig zu füllen. Womit wir endlich wieder bei der Demokratie wären.
Und dann wundern sich die Michel, wenn Milton zukünftig weder mit ihnen gemeinsam kocht noch ißt, sondern sich aus der herrlichen Gemeinschaft zurückzieht.

Sicher, sie könnten auch von ihm lernen, aber das werden sie vermutlich nicht. Es widerspricht doch jeder Logik, daß einer von 10 recht hat und 9 sich irren. Auch das haben sie im großen Kochkurs gelernt.