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Und willst du nicht mein Bruder sein, ….

…dann schlag ich dir den Schädel ein.
Dieses Motto des Kommunismus erobert jetzt auch unsere viel-gerühmte Demokratie. Zwar mit anderem Wortlaut, aber dem selben Sinn: „Demokratie ohne Demokraten funktioniert nicht“. Na, so was. Und wenn nun einmal das Wählen angeblich und nach offiziellem Glauben eine Demokratie ausmacht, und die Leute nicht wählen wollen, dann muß man sie eben zwingen. Also, immer her mit der Wahlpflicht. Ein weiteres, wunderbares Oxymoron. Die Pflicht, etwa zu wählen – der Zwang, ein Recht in Anspruch zu nehmen. Eine weitere äußerst seltsame Blüte der Schein-Demokratie. Aber passend zu dem Dreifach-Oxymoron „sozialer Rechts-Staat“.
Als eigentlicher Fan von Oxymora liebte ich schon als Kind das weit bekannte Gedicht(dessen etwas aufwändigere Version ich jetzt unbedingt mal los werden möchte):

Dunkel war’s, der Mond schien helle,
schneebedeckt die grüne Flur,
lautlos brüllte die Natur,
als ein Wagen blitzeschnelle
langsam um die runde Ecke fuhr.
Drinnen saßen stehend Leute,
schweigend ins Gespräch vertieft,
als ein totgeschossener Hase
auf der Sandbank Schlittschuh lief.
Und der Wagen fuhr im Trabe,
rückwärts einen Berg hinauf.
Droben zog ein alter Rabe,
gerade eine Turmuhr auf.
Ringsherum herrscht tiefes Schweigen
und mit fürchterlichem Krach
spielen in des Grases Zweigen
zwei Kamele lautlos Schach.
Und auf einer roten Bank,
die blau angestrichen war,
saß ein blondgelockter Knabe
mit kohlrabenschwarzem Haar.
Neben ihm ’ne alte Schachtel,
zählte kaum erst sechzehn Jahr,
kaute eine Buttersemmel,
die mit Schmalz bestrichen war.
Droben auf dem Apfelbaume,
der sehr süße Birnen trug,
hing des Frühlings letzte Pflaume,
und an Nüssen noch genug.
Von der regennassen Strasse
wirbelte der Staub empor.
Und ein Junge bei der Hitze
mächtig an den Ohren fror.
Beide Hände in den Taschen.
hielt er sich die Augen zu.
Denn er konnte nicht ertragen,
wie nach Veilchen roch die Kuh.
Dieses dichtete der Goethe
als er eines Morgens späte
schlafend auf dem Nachttopf saß
und den Münchner Merkur las.

Als er laut denkend herausfand,
wie er seiner Wahlpflicht gar
im sozialen Rechtsstaat Deutschland
nachkommen konnte. Und zwar
durch das Ankreuzen mit roten
Blümchen in hellblauer Schrift
deren Tinte – trotz Verboten –
grün herausschießt aus dem Stift.

Danke, Herr Thießen, für die Inspiration der Fortführung dieses wunderbaren Gedichtes.

Schalten wir doch mal kurz wieder unser Gehirn ein und überlegen, wie sich eine Wahlpflicht durchsetze ließe. Die Antwort ist eigentlich klar: Gar nicht. Alles was sich durchsetzen ließe, wäre eine Pflicht, sich in eine Anwesenheits-Liste bei den Wahllokalen einzutragen. Soll die Wahl weiter geheim und frei bleiben, wird nichts und niemand kontrollieren können, ob jemand wirklich ein Kreuzchen auf den Zettel macht, oder gar mehrere Kreuzchen, oder ein paar schöne Bildchen malt.
Nein, nicht einmal eine Pflicht, sich in eine Anwesenheits-Liste bei den Wahllokalen einzutragen könnte man durchsetzen, denn es gibt ja noch Krankheiten, oder Ortsabwesenheiten aus wichtigem Grund, die den Gang zur Urne verhindern können. Klar, dafür gibt es die Möglichkeit der Briefwahl. Aber kann man vorher ahnen, daß man just am Wahltag von schrecklicher Übelkeit und Magenkrämpfen gebeutelt wird? Konsequenterweise müßte man dann noch eine Möglichkeit der Briefwahl NACH der Wahl einführen. Und wie lange setzen wir die Frist dafür? Könnte ja jemand gerade für längere Zeit verreist sein. Ach so, wir leben ja in einer Demokratie, also liegt die Lösung ganz nahe: Verbote von Reisen jeglicher Art, Ortsabwesenheit und auch von Krankheiten am Wahltag. Die angestrebte Wahlpflicht hat über jedem individuellen und persönlichen Recht des Einzelnen zu stehen. Und auch über jeder höheren Gewalt. Schließlich heißt es nicht umsonst: „Ich bin die Demokratie, dein Gott. Du sollst keine anderen Rechte haben neben mir.“

Übrigens, Herr Thießen: als braver und gut dressierter Bürger bin ich meiner (noch nicht vorhandenen) Wahlpflicht bisher immer nachgekommen. Will heißen, ich habe schon immer etwas auf die schönen Zettel, die mir zugeschickt wurden, gezeichnet. Mal einfarbig, mal bunt – mal mehr und mal weniger kreativ, immer ganz nach Lust und Laune am jeweiligen Tag. Werde ich auch weiterhin so handhaben.
Das Lustige dabei ist, daß ich mich dabei in einer Art Niemandsland bewege. Jemand, der seinen Wahlzettel ungültig macht, wird bei der Wahlbeteiligung als Beteiligter gezählt, trotzdem wird seine Stimme nicht mitgezählt. Warum soll ich meine Stimme denn auch abgeben? Ich brauche sie noch und ich benutze sie selber.
Vor diesem Hintergrund noch eine kleine Anmerkung: Die katastrophale Wahlbeteiligung von nur 43,3 % ist noch ein kleines bißchen kleiner. Bei diesen 43,3% sind nämlich 2,2 % ungültige Stimmen dabei, also ist die effektive Wahlbeteiligung gerade mal 41,1%. An dieser Stelle herzlichen Dank an eifrei, die auch die ungültigen Stimmen aufgelistet haben.

Leute, behaltet eure Stimmen, ihr braucht sie vielleicht auch noch mal. Wer seine Stimme abgibt, braucht sich nicht wundern, daß er anschließend nichts mehr zu sagen hat. Hach, ich liebe Wortspiele – fast so sehr wie Oxymora.

Beliebtheitswettbewerbe

Sie sind ja zur Zeit sehr in Mode, diese Beliebtheitswettbewerbe. Superstars, Supertalente, Supernudeln Topmodels, Superschauspieler, Supermagier und was weiß ich noch alles. Die Sendungen schießen wie Pilze aus dem TV-Boden und sie kommen offenbar unheimlich gut an beim Publikum. Ich vermute, es ist die Interaktivität dieser Sendungen, die sie so beliebt machen. Der Zuschauer ist dabei nicht mehr nur Zuschauer, sondern auch Schiedsrichter. Michel darf mitbestimmen, wer gewinnt.  Er wird nach seiner Meinung gefragt, darf  per Anruf wählen wer gewinnen soll – oder zumindest glaubt er das. Der ansonsten fast völlig entmündigte Bürger hat hier endlich mal die Chance wenigstens das Gefühl zu haben, es liege an ihm und an seiner Stimme zu entscheiden, wer gewinnt. Ist es nicht toll Macht zu haben, etwas zu sagen zu haben, mitbestimmen zu dürfen. Selbst bei den Sendungen in denen nur eine Jury den Sieger bestimmt, kann Michel sich einbringen:
Ist sein Urteil richtig, tut das dem Selbstwertgefühl unglaublich gut.
Ist das eigene Urteil falsch, kann man sich stundenlang über die Dummheit und Inkompetenz der Jury auslassen. Man selber würde es sicher wesentlich besser machen.

Rufen wir uns jetzt mal die Hauptaufgaben der Medien kurz wieder in Erinnerung:
1. Das Prinzip der Ruhigstellung des Volkes durch „Brot und Spiele“ zu gewährleisten, in dem sie den Faktor Spiele abdecken.
2. Das Aktivieren unserer indoktrinierten Programme durch Drücken der entsprechenden Knöpfe.

Was hier in den ganzen Super-Sendungen stattfindet, ist nichts anderes als ein Trainingsprogramm für den entmündigten Bürger, der in den letzten Jahren immer mehr beschlossen hat sich auch entsprechend zu verhalten und seine Stimme nicht mehr abzugeben, wenn er dazu aufgefordert wird. Wir werden für die richtig wichtigen Beliebtheitswettbewerbe trainiert, die dieses Jahr wieder auf uns zukommen. Der erste gleich am Samstag: der „Eurovision Clown Contest“. Zwar nicht durch Anrufen einer teuren Telefonnummer sondern durch Malen eines Kreuzchens auf einen Stimmzettel. Bleibt nur zu hoffen, daß Michel mittlerweile durch unzählige Wahlen per Anruf (wer kommt weiter in die nächste Sendung? Wer muß zur Dschungel-Prüfung? Wer fliegt raus und muß das Haus verlassen?) endlich kapiert hat, daß es auf seine Stimme ankommt. Er kann wirklich etwas entscheiden, hat wirklich etwas zu sagen, kann mitbestimmen. Wenn er das nur endlich, endlich begriffen hätte.

Im September dann der nächste richtig wichtige Beliebtheitswettbewerb: „Deutschland sucht die Supermelker“. Da dürfen und sollen wir dann selbst bestimmen, wer uns die nächsten vier Jahre kontrollieren, gängeln, bevormunden, bedrohen und bestehlen darf. Auch hier, bitte nicht vergessen: Deine Stimme zählt wirklich, du hast etwas zu sagen. Du darfst selber entscheiden zwischen Teufel, Satan und Beelzebub. Auch dafür wurdest du die letzten Jahre ununterbrochen trainiert in interaktiven TV-Spielen.

Unser TV hat alles getan, um die in der Schulzeit eingepflanzten Knöpfe zu drücken und die entsprechenden Programme zu starten. Falls irgendwer jetzt immer noch Zweifel hat, bitte mit mir gemeinsam repetieren:
. Die Demokratie ist die einzige legitime, gute und menschliche Regierungsform.
. Wir müssen froh sein, in einer Demokratie zu leben, in der alle Macht von uns, dem Volke ausgeht.
. Wer nicht wählt, vertut seine Chance, mitzubestimmen, wie es mit uns, unserem Leben und unseren Mitmenschen weitergeht.
. Wer nicht wählt, gibt seine Stimme automatisch denen, die er am wenigsten wählen würde (denn wer nicht für mich ist, ist gegen mich. Und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut)
. Als mündiger Bürger ist man verpflichtet ein Kreuzchen auf einem Zettel zu zeichnen, durch das man beweist, daß man in der Lage ist bei klarem Bewußtsein Kreuzchen zu zeichnen.
Das dahinter stehende Prinzip erklärt am Besten der „architect“ in Matrix reloaded:

As I was saying, she stumbled upon a solution whereby nearly 99.9% of all test subjects accepted the program, as long as they were given a choice, even if they were only aware of the choice at a near unconscious level.

Da es schon etwas länger her ist, möchte ich noch mal mein persönliches politisches Lieblingszitat hier anbringen, nur für den Fall, daß der eine oder andere es schon vergessen haben sollte. Es schildert so schön die Einstellung unserer Politiker.
Franz Müntefering (SPD): „Wir werden als Koalition an dem gemessen, was in Wahlkämpfen gesagt worden ist. Das ist unfair!“ Schließlich habe es zwischendurch die Bundestagswahl gegeben …
Ist es nicht goldig? Aber auch ohne diese herzallerliebste Einstellung gibt es vieles was man bedenken sollte, bevor man seine Stimme abgibt. Was tun wir eigentlich wirklich wenn wir wählen?

Wir bestimmen jemanden, der für uns sprechen soll.
Wir bestimmen jemanden, der in unserem Namen Entscheidungen treffen soll: über uns selbst sowie über unsere Mitmenschen, Nachbarn, Kollegen, Freunde und Feinde. Entscheidungen darüber
1. wieviel Geld uns und unseren Mitmenschen zukünftig gestohlen werden soll.
2. was mit dem von uns gestohlenen Geld passieren soll und wofür es verwendet wird.
3. welchen Menschen mehr und welchen Menschen weniger Geld gestohlen werden soll.
4. welche Menschen mehr und welche weniger des gestohlenen Geldes erhalten sollen.
5. Wann, wie und wofür sie das erhaltene Geld einsetzen sollen.
6. Wieviel des von uns gestohlenen Geldes uns in welcher Form zurückgegeben werden soll.
7. was wir tun, sagen, schreiben, denken und glauben sollen.
8. was wir nicht tun, sagen, schreiben, denken und glauben dürfen.
9. wie wir mit unserem Leben, unserer Gesundheit, unserer Freiheit und unserem Eigentum umzugehen haben.
10. wann und in welchem Maße wir von wem überwacht und kontrolliert werden sollen.

Viele können sich sicher noch erinnern wie es in der Kindheit und Jugendzeit war, als man sich nichts sehnlicher wünschte als endlich erwachsen zu werden, um nicht mehr bevormundet zu werden und seine Entscheidungen selber treffen zu können. „Tu dies nicht“, „tu das nicht“, „wie sagt man da?“, „zieh dir Socken an, du erkältest dich“, „komm sofort da runter, du fällst sonst“, „jetzt ab ins Bett und keine Widerrede“, „spätestens um 22:00 bist du zu Hause“, „die Typen sind kein Umgang für dich“, „sei nicht so frech“, „gegessen wird, was auf den Tisch kommt“, „solange du deine Füße unter meinen Tisch…“, etc.
Dann irgendwann: endlich erwachsen, jetzt kann ich selber entscheiden. Keine Zwänge, keine Bevormundung mehr, essen, wenn man Hunger hat; schlafen, wenn man müde ist; anziehen, was man möchte; selber entscheiden, ob man friert oder nicht, wohin man geht, wann man kommt, mit wem man Umgang pflegt.
Aber leider haben sich die Meisten inzwischen so daran gewöhnt bevormundet und gegängelt zu werden, daß sie die Selbstständigkeit und Eigenverantwortung völlig verlernt haben. Sicher, es macht Spaß selber über sich zu entscheiden. Aber dann auch die Konsequenzen dafür selber zu tragen? Das ist dann doch etwas völlig anderes. Und selbst wenn man durchaus verantwortungsbewußt ist und selber für sich entscheiden kann – da sind ja noch die Anderen. Und die können es sicher nicht. Das ist das Hauptdilemma an der ganzen, verfahrenen Situation: Jeder meint, durchaus für sich selber entscheiden zu können, gesteht diese Fähigkeit und dieses Recht aber den Anderen nicht zu. Die Anderen die brauchen jemanden, der ihnen zeigt wo ihre Grenzen sind. Die Anderen müssen von jemandem regiert werden. Die sind zu dumm zu wissen, was gut für sie ist. Ich wüßte es ja, aber auf mich hören sie ja nicht. Also wähle ich jemanden, der Macht hat und diese – falls nötig – auch mit Gewalt durchsetzen kann, der den Anderen sagt, was sie tun und lassen sollen. Dabei übersehen wir leider oft, daß diese(r) Machthaber nicht nur für und über die Anderen, sondern auch für und über uns entscheiden wird, und auch gegen uns seine Entscheidungen – falls nötig – mit Gewalt durchsetzen wird.
Wenn wir nur ein wenig wirklich objektiv nachdenken: gibt es wirklich irgend jemanden außer uns selbst, der UNSERE Interessen vertritt? Spielen wir doch mal zwei Beispiele in Gedanken durch:

Wir fahren mit dem Auto auf der Autobahn Richtung Süden. Irgendwo unterwegs steht ein Tramp an der Straße, der gerne mitgenommen werden will. Weil wir nett sind, nehmen wir ihn mit. Nachdem wir feststellen, daß unser Tramp auch nach Süden will, sollten wir ihm gleich die Schlüssen übergeben, ihn fahren lassen und es uns hinten auf dem Rücksitz bequem machen. Wir haben schließlich beide das selbe Ziel, oder? Süden halt. Also vertrauen wir doch darauf, daß unser Tramp uns mit Sicherheit zu unserem eigenen Ziel fahren wird, um dann auszusteigen und eine andere Mitfahrgelegenheit zu seinem Ziel zu suchen. Ist doch logisch, oder?

Wir müssen noch einige Einkäufe tätigen und eilen durch die Fußgängerzone. Ein Bettler am Straßenrand erscheint uns recht sympathisch. Wieso geben wir ihm nicht einfach 50 €, sagen ihm kurz, was wir brauchen oder geben ihm unseren Einkaufszettel mit, setzen uns dann ins Straßencafe, genießen einen Kaffee und warten, bis unser Bettler mit den Einkäufen wiederkommt? Mit Sicherheit wird er uns auch noch unser Restgeld fein säuberlich auszahlen und sich anschließend tierisch freuen, wenn wir ihm 1 € in seine Mütze werfen.

Wenn uns bei diesen Beispielen nun zum Lachen zu Mute ist, wieso um Alles in der Welt vertrauen wir denn dann darauf, daß irgendein wildfremder Mensch, nur weil er Politiker ist, UNSERE Interessen vertreten wird? Ist dieses Vertrauen durch irgend etwas gerechtfertigter als das in den Tramp oder den Bettler? Durch seine Kleidung, seine Frisur, sein Lächeln oder wodurch?

Hier nun noch ein nettes Video von Stef Molyneux zum Thema Wahlen, in dem er die Sache aus seiner Sicht herrlich auf den Punkt bringt. Viel Spaß damit.

Übrigens Nicht-Wählen ist keine Lösung. An einer geringen Wahlbeteiligung ist aus Prinzip das Wetter schuld. Egal, ob es zu schön oder zu schlecht ist. Nein Leute, macht bitte euer Kreuzchen, aber macht es richtig:
Entweder ganz groß über den ganzen Wahlzettel, oder aber viele kleine Kreuzchen, in jeden der schönen Kreise eines. Damit zeigt ihr erst richtig, wie gut ihr bei klarem Bewußtsein Kreuzchen zeichnen könnt. Vor Allem zeigt es, daß es nicht mangelndes Interesse oder das Wetter ist, sondern eine bewußte Entscheidung. Einer alternativen Ausschmückung des Ganzen mittels netter Textchen, Blümchen, Bienchen und Sonstigem steht nichts im Wege. Laßt eurer Kreativität freien Lauf.

Mephisto reloaded

Das Possenspiel um das Wandgemälde „Chemnitz – Stadt der Moderne“ vom Künstler Benjamin Jahn Zschocke schlägt zur Zeit ganz schöne Wellen. Auf die einzelnen Taktiken und Strategien dieses neuen Kreuzzuges der PCR (Politische Korrektheit Religion) gegen Vernunft und Menschlichkeit werde ich hier nicht weiter eingehen, die betreffenden Informationen findet man u. a. bei „Deutschland kontrovers“, „Sezession“, und der „Jungen Freiheit“.

Es ist nur normal, daß solche Aktionen und Umtriebe nicht nur Konservative, sondern auch Libertäre in Aufruhr versetzen. Mir blieb beim Lesen der entsprechenden Beiträge auch erst mal die Spucke weg. Dann machte sich Wut in mir breit. Und dann schaltete sich irgendwann bei mir wieder einmal die wassermännische Logik ein, die mich an ein ganz interessantes Prinzip und einige diesbezüglich gemachte Erfahrungen erinnerte. Eine davon will ich mal kurz schildern, auch wenn sie mit der Sache an sich rein gar nichts zu tun hat, sehr wohl aber mit dem dahinterstehenden Prinzip, das ich mittlerweile sehe.

Bei einer meiner früheren Arbeitstellen, damals als Kurierfahrer, gab es nur eine einzige Möglichkeit für mich vor dem Institut, für das ich arbeitete zu parken: Behindertenparkplätze. Diese waren seinerzeit vom Institut speziell angefordert worden, damit nicht jeder X-Beliebige da einfach parken konnte, sondern nur Patienten mit einer Sondergenehmigung, die beim Institut ausgegeben wurde. Leider befanden sich die Parkplätze auf öffentlichem Grund. Ich als Fahrer der Abteilung hatte eine eigene Sondergenehmigung laut der ich 10 Minuten auf einem dieser Plätze parken durfte. Nun gehörte zu meinen Aufgaben aber nicht nur das Fahren, sondern auch viele andere Arbeiten innerhalb des Instituts, und so mußte ich eben notgedrungen oft länger dort parken. Das ging so lange gut, bis ein übereifriger städtischer Wegelagerer auf die Idee kam, neben meinem Auto stehend die Zeit zu stoppen und mir nach genau 11 Minuten einen Strafzettel zu verpassen. Erst habe ich ihn angesprochen, ihm die Situation zu erklären versucht, erst freundlich dann energisch, es hat alles nichts gebracht. Schließlich sind hierzulande die Menschen für die Gesetze da, und nicht die Gesetze für die Menschen. Vorschrift ist Vorschrift und 10 Minuten sind 10 Minuten, da kennt er nichts. Natürlich war ich stinksauer, aber da war nichts zu machen. Also begab ich mich zur städtischen Wegelagererzentrale, schilderte denen den Fall, sagte ihnen, daß ich mehr Parkzeit benötige, sie dürften gerne die Ärzte der Abteilung fragen, und erhielt eine Erweiterung der Genehmigung auf 30 Minuten.

Und was soll das Ganze jetzt? Das Prinzip, das ich meine?
Das Mephisto-Prinzip: „Ich bin ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will, und stets das Gute schafft.“ (Goethe, Faust 1)
Dieses Prinzip tritt öfter in Erscheinung, als man denkt. Man muß es nur sehen können.
So wie bei mir in oben geschildertem Fall, so wirkt es vermutlich auch in dem Fall des Chemnitzer Wandgemäldes. Mittlerweile wurde es zwar zerstört und übermalt. Es ist wirklich schade um dieses wunderschöne Bild und ich finde das durchaus traurig. Aber sehen wir uns mal die andere Seite der Medaille an: Der Künstler ist dadurch – nicht durch das Gemälde, sondern durch die politisch korrekte Posse darum – weit über die Grenzen seines bisherigen Wirkungskreises bekannt geworden. Seien wir doch mal ehrlich: Wäre er ohne das hinterhältige Vernichten seines Gemäldes jemals bei Deutschland kontrovers, Sezession, der Jungen Freiheit und vielen mehr erwähnt worden? Wie viele Menschen haben erst dadurch überhaupt von ihm gehört?

So wünsche ich dem Künstler auf diesem Wege, daß das Mephisto-Prinzip ihn für den Verlust des Gemäldes und die ihm zuteil gewordene Ungerechtigkeit vielfach entschädigen möge.

Gesundheit

Na, endlich!
Endlich wieder eine weitere Bevormundung von uns deutschen Micheln. Viel zu lange wurde bereits dabei zugesehen, wie Menschen versuchen ihr Leben selber im Griff zu haben. Schlimmer: wie sie auch noch selber ihre Befindlichkeitsstörungen – oft sogar erfolgreich – therapieren. Nein, das darf nicht sein.

Darum werden ab 01. April 2009 (nein, es ist wieder KEIN Aprilscherz, zumindest offiziell nicht) Johanniskraut und Paracetamol verschreibungspflichtig.
Begründung bei Paracetamol: der Medikamentenmissbrauch durch Menschen mit Selbstmordabsichten.

Begründung bei Johanniskraut: dass für Laien die Unterscheidung zwischen einer leichten und mittelschweren Depression kaum möglich sei. Diagnose und Therapie gehörten in die Hand des Arztes.

Als Betroffener geriet ich erst mal ein wenig in Panik, als ich davon las. Wenn ich jetzt meine Depressionen nicht mehr selber mit Johanniskraut therapieren und im Griff behalten kann, wird wohl zuerst meine nähere Umwelt darunter leiden, weil ich bereits nach 1 – 2 Tagen ohne Johanniskraut überaus aggressiv werde. Diese Aggression ist aber nur die äußere Erscheinungsform meiner Depression. Nach einigen Wochen Kontrollverlust über die Depression wird die sich vermutlich ausweiten und vielleicht zu Selbstmordabsichten steigern.
Und da bekomme ich dann nicht einmal mehr ausreichend Paracetamol, um diese auszuführen. Und was dann? Der nächste arme Lokführer muß dran glauben, weil alle anderen Möglichkeiten einer einigermaßen schmerzfreien und effektiven Beendigung des Daseins in Deutschland schon im Vorfeld, also in der Vorbereitungsphase verboten sind.
Wenn der arme Lokführer und der eine oder andere potentielle Zuschauer dann dadurch depressiv werden, kommen sie auch nicht mehr an Johanniskraut oder ähnliches, und so geht es weiter.

Oh, ich sehe gerade: als Leihe gehöre ich ja per Gesetz in die Hand des Arztes. In diesem Fall wohl in die Hand eines guten Psychotherapeuten. Der kann dann mit Sicherheit feststellen, daß Johanniskraut in meinem Fall zur Therapie völlig ungeeignet ist, und mein bisheriges Wohlbefinden mit Johanniskraut nur Einbildung war. Davon wird er mich vermutlich auch schnell überzeugen können. Viel besser wären da sicher richtig starke Antidepressiva, Chemiecocktails mit einer möglichst großen Palette an Nebenwirkungen. Der Deckel auf dem Schnellkochtopf, damit der Inhalt nicht überkocht. Das hilft prinzipiell viel besser, als einfach nur das Feuer unter dem Topf zu reduzieren. Wichtig ist, daß der Deckel schön fest sitzt um den Druck auch ja im Topf zu behalten und immer weiter steigen zu lassen, bis….
haben wir eigentlich schon mal über Amokläufe geredet? Sorry, ich schweife ab 🙂

Meine Panik stellte sich zum Glück recht schnell als völlig unbegründet heraus. Gelobt sei die Dummheit Kurzsichtigkeit bestechende Logik deutscher Gesetzgeber. Ja, manchmal bin ich richtig froh darüber. Denn:
1. Paracetamol darf dann nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums nur noch bis zu einer Wirkstoffmenge von zehn Gramm ohne Rezept verkauft werden. Das entspricht einer Packung mit 20 Tabletten zu je 500 Milligramm Paracetamol. Na, mehr brauche ich doch gar nicht. Denn Paracetamol brauche ich eigentlich nur im akuten Erkältungsfall, um die Symptome soweit im Griff zu haben, daß ich trotzdem noch aus den Augen sehen und mich normal bewegen kann. 20 Tabletten reichen bei mir normalerweise für 2 Erkältungen und damit für 2 Jahre.
Und falls ich doch mal auf die blödsinnige Idee kommen sollte, mich mit Hilfe von Paracetamol vom Acker machen zu wollen: ist eigentlich schon jemandem aufgefallen, wie viele Apotheken es gibt? Ein gemütlicher Bummel durch die Fußgängerzone einer mittelgroßen Stadt, und ich habe am Ende 15 Packungen. Damit also 300 Tabletten zu 500 mg. Wenn es nicht reicht, bummel ich eine Woche später eben noch mal.

2. Die Verschreibungspflicht von Johanniskraut ist an keine Dosierung gebunden. Danach wird nach derzeitigem Stand beispielsweise das zur Behandlung mittelschwerer Depressionen zugelassene Jarsin® 300 mg zum 1. April 2009 der Verschreibungspflicht unterliegen, die höher dosierten Präparate Jarsin® 450 mg und 750 mg bleiben weiterhin apothekenpflichtig, da sie diese Indikation nicht beanspruchen. Wenn ich mich recht entsinne, ist die Indikation für mein 500 mg. Johanniskraut: leichte Verstimmungen. Damit sollte ich es weiterhin überall bekommen können.

Sind unsere standup-commedians manchmal nicht herrlich? Gute Gesetze – gute Besserung!